Schon als Kind ist Gerwin Eisenhauer von Musik begeistert, mit zehn Jahren will er unbedingt Klarinette spielen lernen. Allerdings rät ihm der Musiklehrer dringend ab: Wegen seines Überbisses würde er nie einen vernünftigen Ton aus dem Instrument herausbekommen. Verzweifelt nimmt ihn seine Mutter mit ins örtliche Musikgeschäft, auf der Suche nach einer adäquaten Alternative. Aus Trotz entscheidet sich der kleine Gerwin für das größte Instrument, das er dort finden kann. Und landet – Gott sei Dank – beim Schlagzeug, das ihn sofort begeistert.

Er hat Glück, denn in Weiden ist der Jazz-Drummer und Lehrer Ulli Knod beheimatet. Knod wurde bereits in den 70-er Jahren in Los Angeles ausgebildet und brachte kalifornisches Musikerfeeling mit in die Oberpfalz. „Es war überhaupt nicht selbstverständlich, dass ich in der Provinz einen so fantastischen Lehrer bekommen konnte." Und Eisenhauer lässt sich von der Begeisterung anstecken. Er übt fleißig und spielt schon mit 12 Jahren in ersten Schülerbands. Mit 15 Jahren nimmt er in den Sommerferien an den bedeutenden, international besetzten Jazz-Workshops in Ingolstadt teil. Dort wird er als jüngstes Mitglied unkompliziert aufgenommen und lernt einflussreiche Musiker kennen. Den Rest der Ferien verbringt er mehr oder weniger im Übungsraum seiner Band.

Auch in den folgenden Jahren verbringt er ganze Nachmittage, Wochenenden und Ferien im Proberaum und fährt sogar nach München, um von Werner Schmitt unterrichtet zu werden. „Ich habe mich für fast alle Stilrichtungen interessiert und aufgesaugt, was ich bekommen konnte“, so Eisenhauer.

Nachdem er mit Ach und Krach sein Abi besteht, beschließt er, in New York zu studieren. Zur Finanzierung des Vorhabens beantragt er ein Darlehen bei der örtlichen Bank. Eisenhauer betont im Nachhinein: „In die eigene Zukunft zu investieren ist eine der besten Dinge, die man tun kann“.

Entwicklung zum Musiker

Er bereitet sich ein Jahr intensiv auf das Studium vor, um dann 1990 mit 23 Jahren nach New York aufzubrechen. „Die Zeit in den USA hat mein Leben komplett umgekrempelt“, erzählt Eisenhauer im Rückblick. „Ich studierte am Drummers Collective und hatte die Gelegenheit, mit Dave Weckl, Gregg Bissonette, Kim Plainfield, Duduka da Fonseca und vielen anderen New Yorker Drummern zu arbeiten. Besonders der herausragende Pete Zeldman hat meine Sichtweise und mein Verständnis für das Schlagzeug nachhaltig geprägt und komplett verändert“.

Zurück in Deutschland helfen ihm seine Verbindungen zu amerikanischen Musikern, erste Erfahrungen als Profimusiker zu sammeln. Denn wenn diese auf Europatourneen unterwegs sind, buchen sie Musiker vor Ort. So tourt Gerwin Eisenhauer mit dem GRP-Künstler Dave Valentin, dem Tania Maria Bassisten Leo Traversa und vielen anderen. Er kommt gut ins Geschäft. Dennoch lässt er sich für Geld nicht verbiegen. Das Angebot einer Top-40-Band lehnt er trotz hoher Gagen ab: „Ich hatte Angst, in einer Tretmühle im Coverbereich zu landen, die leicht in eine Sackgasse führen kann“. Einer Tour mit DJ Ötzi kann er nicht widerstehen – diese bringt ihm aber die unvergessliche Erfahrung, in vollen Stadien auf der Bühne zu stehen.

Er erhält einen ersten Job als Lehrer an der Städtischen Musikschule in Weiden. Außerdem wird er an verschiedenen Theatern für Musicals engagiert: Vom Residenztheater München über die Stadttheater Hof, Ingolstadt, Gotha und natürlich Regensburg.

Seine Spezialgebiete sind zunächst Latin und Funk, auch Ausflüge ins Pop-Lager unternimmt er (Angelika Milster, Tony Christie, Rudy Carrell). Ende der 90-er Jahre beginnt er dann, sich für elektronische Musik zu interessieren. Zusammen mit Walter Lang gründet er das TRIO ELF, das zu einem der einflussreichsten deutschen Pianotrios wird, da sie weltweit eine der ersten Jazzbands sind, die die Tradition des Jazz mit der Ästhetik von Drum’n’Bass, Techno und Elektro verbinden. Sie touren durch ganz Europa, Mittel- und Südamerika, die USA und Australien und spielen auf den wichtigsten Festivals.

Eisenhauers Kalender ist voll: 200 Konzerte im Jahr. Aber die Coronazeit zwingt ihn zum Innehalten. Jetzt findet er Ruhe, um mit Begeisterung eigene Musik zu schreiben und sich mit einer neuen Klangästhetik am Schlagzeug zu beschäftigen.

Lernen durch Lehren

1996 beginnt er, am Music College Regensburg, der Berufsfachschule für Jazz und Pop, der ersten ihrer Art in Bayern, zu unterrichten. Er hat viel Freude daran: „ Die allermeisten Studenten sind ehrgeizig und wollen Neues lernen“, so Eisenhauer. Und er lebt vor: Wer als Musiker leben möchte, muss das mit allen Konsequenzen wollen.

Seit 2019 lehrt Eisenhauer in Regensburg zusätzlich an der Hochschule für katholische Kirchenmusik HfkM im Studiengang „Neue Geistliche Musik NGM“. Kirchenmusik mit ihrer langen Tradition ins 21. Jahrhundert zu führen, ist eine spannende Aufgabe: „Wie wirken Trommeln in Kirchen oder elektronische Musik, Jazz, Minimal-Music, Pop…“. Dieses Versuchslabor wird ihm eine spannende Herausforderung, denn hier ist Weiterentwicklung vorprogrammiert.

Literatur

2002 schreibt er sein erstes Buch „Welcome to the Jungle“ über die Umsetzung von Drum & Bass auf das akustische Schlagzeug. Obwohl es sich um ein Nischenthema handelt, unterstützt der DUX-Verlag das Projekt nach Kräften. Das Buch markiert den Anfang einer wertschätzenden und konstruktiven Zusammenarbeit, die bis heute anhält. „Auch nach 25 Jahren möchte ich keinen anderen Verlag“, betont Eisenhauer.

Dann folgt „Bum Bum Tschack“, ein Kompendium, in dem alles für den Unterricht der ersten Jahre enthalten ist: die wichtigsten technischen Basics und Grooves.

Das Weihnachtsbuch „The Christmas Drum Book“ sorgt für Aufsehen, denn das Schlagzeug war bis dahin im Ensemble am Weihnachtsbaum keine Option. Es ist weltweit das erste Schlagzeugbuch, das sich mit Weihnachtsmusik am Schlagzeug beschäftigte. Durch seine Playalongs öffnet Eisenhauer Drummern den Zugang zu den festlichen Stuben.

Mit „Bum Bum Tschack 2“ erschienen vertiefende Anleitungen für Fortgeschrittene. Jedoch wurde schnell klar, dass das große Themenspektrum für einen einzigen Band zu weit gefächert war. 2024 entschließt sich der Autor, das Buch in drei Hefte aufzuteilen, die nun zielgerichteter genutzt werden können: „Jazz & Latin“, „Grooves & Fills“, „Technik & Lesen“. Dafür wurden alle Inhalte noch einmal intensiv mit neuen Videos und zusätzlichen Materialien aufbereitet.

zum Autoren-Profil


Lerntipps

Schlagzeug lernen

Diese Tipps gibt der Autor Gerwin Eisenhauer