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Andrea Wieser wächst in der Ferienregion Fieberbrunn in Tirol auf. Im Haus ist Musik allgegenwärtig, alle spielen Instrumente und singen. Der Opa, ein Organist, hinterlässt der Familie sein altes Klavier, an dem die kleine Andrea gerne herumexperimentiert. Ab ihrem 7. Lebensjahr erhält sie richtigen Klavierunterricht. Sie übt ehrgeizig und kommt gut voran, ahnt aber schon früh, dass neben der Klassik noch andere Musikrichtungen existieren müssen. Das „Kleben an den Noten“ empfindet sie als einengend – sie vermisst den Zugang zum „Freieren Spielen“, ohne das damals schon so benennen zu können.
Als sie mit 12 Jahren in eine Motivationskrise gerät, nimmt ihre Mutter sie beiseite und steckt ihr heimlich zwei Notenblätter aus dem Fundus ihres Großvaters zu. Es ist die „Ballade pour Adeline“ von Richard Clayderman, die Andrea Wieser neuen Schwung verleiht. „Das Stück ist zwar super kitschig und total verpönt, aber damals hat es mir eine neue Welt eröffnet – außerdem ist es gar nicht so einfach, es sauber zu spielen“, sagt Wieser heute. „Letztendlich hat mir die Ballade den Zugang zu Chopin und zur Romantik eröffnet. Und auch Klassik und Barock hat mir wieder Spaß gemacht“.


Mit zarten 15 Jahren steigt Wieser in die siebenköpfige Dixie-Jazzband „Black River Dixielanders“ ein und kann sich dort schnell behaupten. „Das war eine Initialzündung für mich – der Wahnsinn, dass ich da mitspielen durfte. In der Band war es lustig – natürlich wurde auch gerne gefeiert“. Stilistisch war dieser erste Kontakt zum Jazz ein erneuter Aufbruch. „Ich bin überzeugt, dass Mozart heute ein totaler Jazzer wäre. Er würde das freie Spiel sicher fördern“, sagt sie lachend.
Nach der Matura überlegt Andrea Wieser Grafik zu studieren, denn Zeichnen ist ihre zweite Leidenschaft. Allerdings geht das nur in Wien, doch für die heimatverbundene Wieser ist Wien zu weit weg. Diese Ausbildung würde nur zwei Jahre dauern, sie möchte jedoch unbedingt viel länger studieren. Später wird sie es nie bereuen, sich 1993 am Mozarteum in Salzburg eingeschrieben zu haben, an dem sie viele Jahre verbringen wird. Sie studiert Instrumentalpädagogik, Musikerziehung, Instrumentalmusikerziehung und Bildnerische Erziehung mit Hauptfach Klavier bei Prof. Heinz Walter und Gereon Kleiner. 2001 schließt sie mit „Magistra artium“ ab, später hängt sie noch ein Orgelstudium bei Prof. Gottfried Holzer-Graf an.
Parallel besucht sie Jazz-Workshops, spielt im Jazz-Ensemble und begleitet Kommilitonen bei Vorspielen und Wettbewerben. „Das Begleiten macht mir schon immer Spaß. Das mache ich schon seit meinem 15. Lebensjahr. Man lernt Musiker dabei sehr schnell kennen, über alle Kultur- und Sprachgrenzen hinweg“. Andrea Wieser legt sowieso Wert darauf, nicht auf bestimmte Stilrichtungen festgelegt zu werden. Sie genießt es aus vollen Zügen, dank ihrer Erfahrung genreübergreifend musizieren zu können.
Nach Ihrem Abschluss in Salzburg wird das Lehren zum Hauptberuf. Und sie nimmt sich fest vor: „Ich möchte unbedingt, dass meine Schüler gerne zum Unterricht kommen und nie Angst vor der Klavierstunde haben.“ Außerdem legt sie Wert darauf, nicht nur klassisches „Notenspielen“, sondern auch das freie Spiel und das Begleiten nach Akkordsymbolen zu fördern. „Bei uns in der Gegend gibt es ganz viele junge Bands, richtig gute Leute – aber Klavier bzw. Keyboard kommt dabei kaum vor. Klavierschüler gibt es zwar sehr viele, aber kaum jemand kann frei spielen. Das wird einfach nicht gelehrt“, bedauert Wieser. Sie selbst musste bei einer längeren Irlandreise die Erfahrung machen: „In unserem Guest House stand ein altes Klavier herum, aber ich konnte einfach nichts spielen. Ohne Noten war ich komplett aufgeschmissen. Das hat mich total geärgert.“
Andrea Wieser hat ihre eigenen drei Kinder eine Zeit lang selbst unterrichtet und sich immer wieder gefragt, warum das Notenlesen manchmal so schwierig ist. „Ich wusste ja, dass meine Jungs motorisch geschickt waren und sehr schnell lernen konnten (wenn sie wollten!)“. Sie erforscht die vielen Denkprozesse, die es zum Notenlesen braucht: Bei jeder Note überlegen, ob sie mit der rechten oder linken Hand gespielt werden muss. Das Notensystem genau ansehen (welche Linie, welcher Zwischenraum) und zwei Notenschlüssel beherrschen. Und dann muss die Hand richtig auf der Tastatur liegen und der richtige Finger niedergedrückt werden. Und zu guter Letzt sollen die Kinder alles im richtigen Rhythmus spielen und die Melodie hörbar machen. Beim Notenlesen werden sehr viele kognitive Fähigkeiten abverlangt, und einige Kinder sind dazu noch nicht bereit.


„Ich habe erkannt, dass ich die Kinder da abholen muss, wo sie stehen“ erklärt Wieser. „Und wenn das Notenlesen sie überfordert, muss ich diesen Teil des Unterrichts vom Klavier quasi abspalten, damit die Kinder nicht die Freude verlieren“. Aus dieser Grundidee heraus ist das Notenpiratenbuch entstanden. Klavierspielen sollte in erster Linie die Musikalität der Kinder fördern! Daher unterrichte sie junge Schüler zunächst ohne Noten, immer mit dem Hauptaugenmerk auf der Freude an der Musik und nicht auf das Übersetzen der grafischen Zeichen. Das Lernen der Notenschrift ist zwar in jeder Klavierstunde ein fixer Bestandteil, aber das Musizieren, das Zusammenspielen und das Zuhören stehen für Andrea Wieser an erster Stelle.
Andrea Wieser stellt fest, dass junge Schüler mit Begeisterung Notenrätsel lösen. Da ihr das Zeichnen leicht fällt, fertigt sie ihr Unterrichtsmaterial zunehmend selbst an. Bis 2012 hat sie so viele Skizzen gesammelt, dass sie beschließt, diese bei Verlagen vorzulegen. Gerhard Halbig und Uwe Sieblitz vom DUX-Verlag sind von ihren Vorlagen sofort überzeugt und sichern ihr tatkräftige Unterstützung bei der technischen Aufbereitung ihrer Zeichnungen zu. Ulli Hofbauer übernimmt gerne die professionellen Scans – in Teamarbeit entsteht schließlich der erste Band des „Notenpiraten“. Dieser erweist sich für den Unterricht als so praktisch, dass er von Musiklehrkräften gerne angenommen wird. Durch den Erfolg motiviert, bringt der DUX-Verlag in den nächsten Jahren vier weitere Bücher aus der Hand von Andrea Wieser heraus. Die Ideen gehen ihr indes nicht aus und es kann durchaus sein, dass sie ihre Schublade wieder öffnet und ergänzendes Material über den musikalischen Vorschulunterricht hinaus zur Verfügung stellt.